Überblick über den Ablauf des Insolvenzverfahrens

Das Insolvenzverfahren lässt sich in die folgenden wesentlichen Abschnitte einteilen:

  1. Antrag und Eröffnungsverfahren: Die Durchführung des Insolvenzverfahrens setzt einen Antrag Das kann  der Eigenantrag des Unternehmers aber auch der Fremdantrag eines Gläubigers sein. Sobald ein solcher Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht eingeht und Insolvenzgründe zunächst einmal glaubhaft gemacht worden sind, ordnet der zuständige Insolvenzrichter in der Regel ein vorläufiges Insolvenzverfahren an und setzt einen vorläufigen Insolvenzverwalter ein. Dieser kann vom Insolvenzrichter mit unterschiedlichen Verfügungsrechten ausgestattet werden.  Ein sog. Schwacher Insolvenzverwalter führt dabei die Geschäfte nicht selbst, hat sie aber zu ihrer Wirksamkeit zu genehmigen (vgl. zur rechtlichen Ausstattung eines Insolvenzverwalters www.insolvenzrecht-ratgeber.de. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat zunächst die wirtschaftliche und rechtliche Situation des Unternehmens zu prüfen und darauf zu achten, dass der  Betrieb weiterläuft, soweit dies wirtschaftlich möglich ist und den Gläubigerinteressen entspricht.
  1. In der vorläufigen Insolvenz werden die Weichen für die Zukunft des Unternehmens gestellt: B. durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Insolvenzausfallgeld, was dem Unternehmen und dem Insolvenzverwalter die Gelegenheit einräumt, den Betrieb ohne Personalkosten für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten fortzuführen. Man kann leicht ausrechnen, welche zusätzliche Liquidität und Finanzmittel in dieser Zeitspanne erwirtschaftet werden können, was einer Unternehmenssanierung innerhalb der Insolvenz eine realistischere Grundlage gibt. Der vorläufige Insolvenzverwalter, der in der Regel vom Insolvenzgericht in Personalunion auch als Sachverständiger eingesetzt wird, hat nach Beendigung seiner Prüfungen ein Gutachten vorzulegen, in dem er sich neben der rechtlichen und wirtschaftlichen Situation des Unternehmens insbesondere auch zu der Frage einer Betriebsfortführung und Sanierung äußern muss. Damit anschließend ein Insolvenzverfahren eröffnet und tatsächlich durchgeführt werden kann, müssen ausreichende liquide Mittel vorhanden sein, damit die Kosten des Verfahrens gedeckt werden. Sollten diese nicht vorhanden sein und sich in der vorläufigen Insolvenz  nicht erwirtschaften lassen, wird das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt.
  1. Berichts- und Prüfungstermin: Mit der Insolvenzeröffnung legt das Gericht einen Berichtstermin (1. Gläubigerversammlung) sowie einen Prüfungstermin fest. Beide Termine können getrennt, aber auch zusammengelegt und durchgeführt werden. In der Gläubigerversammlung wird unter anderem der endgültige Insolvenzverwalter gewählt, und entschieden, ob ein Gläubigerausschuss eingesetzt wird, und ob das Unternehmen fortgeführt werden kann und soll. Im Prüfungstermin werden vom Insolvenzverwalter die Forderungen der Gläubiger geprüft. Diesbezüglich erhalten die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens bereits bekannten Gläubiger vom Gericht oder vom Insolvenzverwalter neben der Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses auch ein Anmeldeformular, welches fristgerecht beim Insolvenzverwalter mit den dazugehörigen Nachweisen (Rechnungen, Verträge etc.) eingereicht werden sollte, um an der Prüfung mit seinen Forderungen  teilnehmen zu können. Die Durchführung dieser Termine ist nicht öffentlich, was bedeutet, dass nur Gläubiger, der Unternehmer und Insolvenzschuldner selbst, der Insolvenzverwalter, ein Betriebsrat (soweit vorhanden) sowie Rechtspfleger und Richter an dem Termin teilnehmen dürfen.
  1. Die Insolvenz wird als solche öffentlich bekannt gemacht unter insolvenzbekanntmachungen.de. Nach der Gläubigerversammlung hat der Insolvenzverwalter entsprechend der Beschlussfassung der Gläubiger die Leitung des Unternehmens zu übernehmen. Dies kann entweder in eine Sanierung, eine sog. ‚übertragenden Sanierung’ (Verkauf der wesentlichen Unternehmenswerte z.B. an einen Investor) oder auch eine Zerschlagung und Verwertung des Unternehmens münden. Alternativ bietet ein Insolvenzplanverfahren zahlreiche Möglichkeiten, auf die weitere Entwicklung des Unternehmens einzuwirken (siehe dazu unseren Exkurs 7). Unter Umständen lassen sich durch Unternehmensfortführung, Planverfahren und übertragende Sanierung sowohl für das Unternehmen, die Arbeitnehmer aber insbesondere auch aus Gläubigerperspektive wirtschaftlich bessere Ergebnisse erzielen als bei einer Zerschlagung, die jedoch regelmäßig dann zum Zuge kommt,  wenn das Unternehmen nicht mehr gerettet werden kann.
  1. Abwicklung und Beendigung des Insolvenzverfahrens: Wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen saniert, übertragen oder möglicherweise liquidiert hat und alle angemeldeten Forderungen der Gläubiger abschließend geprüft wurden, wird er dies dem Gericht mitteilen (neben regelmäßigen aktuellen Sachstandsberichten, die jeder Gläubiger einsehen und anfordern kann) und die Beendigung des Verfahrens anregen. Der Insolvenzverwalter hat nach den gesetzlichen Vorgaben der InsO zunächst die Kosten des Verfahrens zu bestreiten und den darüber hinausgehenden Erlös prozentual an die Gläubiger zu verteilen. Nach wie vor sind die Insolvenzquoten eines normalen Insolvenzverfahrens recht gering, durchschnittlich zwischen drei und fünf Prozent. Dies liegt oft darin begründet, dass zahlreiche Gläubiger bestimmte Vorrechte in der Insolvenz haben und damit eine vorzugsweise Befriedigung erhalten. Dann werden möglicherweise über 50 Prozent der gesamten Verbindlichkeiten beglichen, die Insolvenzquote der einfachen Insolvenzgläubiger beträgt hingegen nur zwischen drei und fünf Prozent, da bevorrechtigte Gläubiger den Großteil des Erlöses erhalten. Insoweit stellt sich für Gläubiger die Frage nach einer sinnvollen Entscheidungen für oder gegen die Fortführung usw.  bereits vor und im Insolvenzverfahren, um eine bestmögliche Befriedigung zu erhalten.
  1. Sobald der Insolvenzverwalter Schlussrechnung und Schlussverzeichnis eingereicht hat, die bei Gericht von jedem Gläubiger eingesehen werden können, wird das Verfahren nach Abhaltung eines Schlusstermins aufgehoben und ist beendet. Die durchschnittliche Dauer mittlerer und größerer Unternehmensinsolvenzen beträgt vier bis acht Jahre. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass ein Unternehmen vom Insolvenzverwalter über diese gesamte Laufzeit geführt werden muss. Eher böte sich an, das Unternehmen bereits frühzeitig vom Insolvenzverfahren zu separieren und wieder auf eigene Füße zu stellen. Durch die Insolvenz haftet dem Unternehmen üblicherweise ein Makel an, der die unternehmerische Entfaltung stark beeinträchtigen kann. Dies wird leider nur anfangs und vorübergehend durch die besonderen Möglichkeiten eines Insolvenzverfahrens kompensiert.